Wolfshybriden

8. Januar 2018

Wölfe sind die größten Vertreter der Familie der Kaniden (Hundeartigen) und die Vorfahren unserer Hunde. Unsere heutigen Haushunde gehören zur selben Art wie die Wölfe.
Aus diesem Grunde ist auch eine Verpaarung zwischen Wolf und Hund möglich. Bei Nachkommen einer solchen Verpaarung spricht man von Hybriden bzw. Wolf-Hund-Mischlingen, welche wiederum fertil (fruchtbar) sind. Wie kommt es zu Hybridisierung bei freilebenden Wölfen?
Die Verpaarung zwischen freilebenden Wölfen und Hunden kommt relativ selten vor. Ursache ist meist ein Mangel an Wölfen als geeignete Paarungspartner, z.B. bei kleinen, isolierten Wolfspopulationen, und bei gleichzeitiger Präsenz von Hunden als potenzielle Paarungspartner. Auch in stark bejagten Populationen, in denen bestehende Sozialstrukturen immer wieder zerstört werden und ein plötzlicher Mangel an „wölfischen“ Paarungspartnern entsteht, sowie in Gebieten mit einer großen Zahl streunender und verwilderter Hunde, ist die Wahrscheinlichkeit einer Hybridisierung höher. Allerdings kann die Paarung zwischen Wölfen und Hunden auch in Gebieten vorkommen, in denen es keine regelmäßig streunenden Hunde gibt. Es reicht, dass ein Hund für einige Stunden von zu Hause ausreißt.
Hybridisierung stellt ein großes Problem im Artenschutz dar und kann bis zum Erlöschen einzelner Populationen führen. Aus Artenschutzgründen ist es erforderlich, Wildtier-Haustier-Mischlinge aus der Natur zu entfernen, um eine Ausbreitung der Haustiergene in der Wildpopulation zu verhindern.
In der Regel sind es Wolfsfähen, die sich mit einem Hund paaren, seltener Wolfsrüden. Sollte es dennoch zur Paarung zwischen einem freilebenden Wolfsrüden und einer Haushündin kommen, besteht zwar kein Artenschutzproblem, da die Tiere nicht in freier Natur aufwachsen, doch dürfte die Aufzucht und Haltung dieser Tiere einige Probleme mit sich bringen (siehe letzte Frage).

Sind Hybriden in der freien Wildbahn überlebensfähig?

Hybridwelpen haben wahrscheinlich eine geringere Überlebensrate als Wolfswelpen, da die Wolfsfähe sie i.d.R. alleine, ohne die Unterstützung eines Partners aufziehen muss. Bei Wölfen beteiligt sich auch der Wolfsrüde an der Aufzucht der Welpen und versorgt in den ersten Wochen nach der Geburt die Fähe mit Futter. Hat es eine Wölfin erfolgreich geschafft, ihre Hybridwelpen aufzuziehen, haben diese bei den hiesigen hohen Wildbeständen wahrscheinlich gute Chancen zu überleben. Daher besteht die Gefahr, dass sie ihre Hundegene in die Wolfspopulation einbringen können.
Mischlinge zwischen Wolf und Hund besitzen sowohl Hunde- als auch Wolfsgene. Daher können Mischlinge äußerlich, physiologisch, aber auch vom Verhalten her mehr dem einen oder anderen Elterntier ähneln. Wir Menschen haben im Laufe der Domestikation den Hund so geformt, dass er gut an ein Zusammenleben mit Menschen angepasst ist. Dieselben genetischen Merkmale, die für ein Haustier positiv oder neutral sind, können für ein Wildtier nachteilig sein. Viele Hunde wären völlig auf sich allein gestellt, in freier Natur nicht überlebensfähig. Ein Tier, das eine Mischung von Wild- und Haustiergenen besitzt, kann damit möglicher Weise in freier Natur überleben, aber es ist weniger gut an dieses Leben angepasst, als ein reines Wildtier. Die Weitergabe von Haustiergenen in die Wildtierpopulation kann sich daher schädlich auf diese auswirken, insbesondere wenn dies häufiger geschieht oder die betroffene Wildtierpopulation klein ist.

Sind Wolf-Hund-Hybriden gefährlicher als Wölfe?

Wenn Wolf-Hund-Hybriden von einer Wölfin in freier Natur geboren werden, wachsen sie wie Wolfswelpen auf. Die wolfstypische Vorsicht kann jedoch durch den Anteil an Hundegenen geringer ausgeprägt sein. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen allerdings, dass wild aufgewachsene Hybriden für den Menschen genauso wenig gefährlich sind wie Wölfe.

Wie werden Hybriden im Rahmen des Monitorings erkannt?

Wenn es zu Hybridisierung zwischen Wolf und Hund gekommen ist, kann die Existenz der daraus resultierenden Hybridwelpen meist bereits phänotypisch (Erscheinung/Aussehen), anhand von Fotos und Filmaufnahmen festgestellt werden. Während sich Wolfswelpen eines Wurfes optisch kaum voneinander unterscheiden, zeigen Hybriden eines Wurfes aufgrund der Hundegene häufig phänotypische Unterschiede. Je nach Rasse des Hundes können manche Hybriden sich deutlich von Wölfen unterscheiden (z.B. Fellfärbung und Größe).
(Hier finden Sie einen Vergleich Wolf-Hund.)
Falls eine Hybridisierung nicht schon aufgrund von Fotos oder Filmaufnahmen nachgewiesen wurde, wird diese spätestens im Rahmen von genetischen Untersuchungen bemerkt. Im Zuge der genetischen Untersuchungen wird, neben den Verwandtschaftsverhältnissen und möglicher Inzuchtgefährdung, auch überprüft, ob es Hinweise auf Verpaarungen zwischen Wölfen und Hunden gibt. Genetische Untersuchungen sind heute ein sehr wichtiger Bestandteil beim Monitoring und gehören in den Bundesländern mit etablierten Wolfsvorkommen inzwischen zu den routinemäßigen Monitoringmethoden.
In Deutschland fungiert das Labor im Fachgebiet Naturschutzgenetik am Senckenberg Forschungsinstitut, Standort Gelnhausen, seit 2010 als nationales Referenzzentrum für Wolfsgenetik. Dort wurden allein im letzten Jahr über 1500 Proben in Bezug auf die Feststellung von Wölfen untersucht, die von den Bundesländern eingeschickt wurden. Für die Untersuchungen werden Referenzproben von Haushunden und Wölfen aus diversen Herkunftsregionen herangezogen.

Wolfshybriden

Der Tschechoslowakische Wolfhund ist eine von der FCI anerkannte Hunderasse aus der ehemaligen Tschechoslowakei.
Er hat seinen Ursprung in Kreuzungen von Deutschen Schäferhunden mit Wölfen (Karpatenwolf). Obwohl es sich beim TWH um einen echten Hund handelt, kann er lt. Experten (Udo Gansloßer und Dorit Feddersen-Petersen in: Wolf Magazin 2/2013) im Verhalten problematisch sein und gehört daher in die Hände von erfahrenen Haltern.
Laien können einen TWH oft nicht von einem echten Wolf unterscheiden. Gerade für den Schutz des Wolfes ist es unabdinglich, dass TWH-Halter (und andere Besitzer „wolfsähnlicher“ Hunde) ihre Tiere stets unter Kontrolle haben und diese nicht frei in Wolfsgebieten herumlaufen lassen. (Foto: Margo-CzW/Wikipedia)

Wie häufig ist es in Deutschland bereits zu Hybridisierung gekommen?

Seit der Rückkehr freilebender Wölfe nach Deutschland Ende der 1990er Jahre gab es bislang zwei Fälle von Hybridisierung zwischen einem freilebenden Wolf und einem Hund.
Der erste Fall ereignete sich 2003 im Freistaat Sachsen. Eine junge Wölfin, die sich in der sächsischen Neustädter Heide in Nachbarschaft zu ihrem Elternterritorium etabliert hatte, fand offensichtlich keinen wölfischen Paarungspartner. Zu diesem Zeitpunkt waren die wenigen Wölfe im Gebiet alle miteinander verwandt, entstammten sie doch dem damals in Deutschland einzigen Rudel in der Muskauer Heide. Da Wölfe in der Regel versuchen, Inzucht zu vermeiden, kann es vorkommen, dass sie sich in einer solchen Situation eher mit einem Hund, als mit einem nahe verwandten Tier paaren. Von den anfänglich neun Hybridwelpen überlebten vier bis zum Winter 2003/2004. Die Hybriden unterschieden sich sowohl in morphologischen und physiologischen Merkmalen als auch im Verhalten deutlich von Wölfen. Sie waren erheblich kleiner und leichter und hatten wesentlich kürzere Fangzähne. Die Rüden wurden bereits mit 8 Monaten geschlechtsreif. Anfang 2004 konnten zwei der vier bis dahin überlebenden Hybrid-Welpen eingefangen werden. Diese beiden wurden in ein Gehege gebracht, das für den Besucherverkehr nicht zugänglich war. Ihre beiden Geschwister wurden im Februar 2004 das letzte Mal gesehen und wurden auch genetisch nicht mehr nachgewiesen. Daher ist davon auszugehen, dass sie nicht überlebt haben. Die beiden Tiere, die in ein Gehege verbracht wurden, zeigten deutliche Zeichen von Hospitalismus. Sie liefen auf immer gleichen Wegen durch das Gehege. Wenn sich Menschen näherten, liefen sie ihre Kreise und Achten noch schneller. Gegenüber den wenigen Menschen, die sie versorgten, zeigten die Hybriden auch nach Monaten keine Anzeichen von Gewöhnung. Für die in freier Natur aufgewachsenen und im Alter von neun Monaten in ein Gehege verbrachten Tiere bedeutete die Gefangenschaft augenscheinlich Dauerstress. Beide Tiere wurden nach weniger als einem Jahr von den im Nachbargehege gehaltenen Wölfen durch den Zaun hindurch so stark verletzt, dass sie eingeschläfert werden mussten.
Der zweite Fall wurde vor Kurzem bekannt und ereignete sich in Thüringen. Seit 2014 ist dort auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf eine Wölfin sesshaft. Bislang konnte kein Wolfsrüde an ihrer Seite nachgewiesen werden. Im Oktober 2017 bestätigte sich der Verdacht, dass sich die Wölfin mit einem Hund gepaart hat. Anhand von Fotoaufnahmen konnten 6 Hybridwelpen nachgewiesen werden. Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz entschied Anfang November 2017 die Entnahme der Hybriden aus der Natur, so wie es im Thüringer Wolfmanagementplan für solche Fälle vorgesehen ist. Weitere Informationen zu diesem Fall finden Sie hier.

Zusätzlich zu den beiden Fällen in Deutschland ist eine weitere Hybridisierung direkt angrenzend an Deutschland im Bereich Rumburk in der Tschechischen Republik bekannt. Das Gebiet liegt angrenzend an den Freistaat Sachsen im Schluckenauer Zipfel. Dort wurden 2016 drei Hybrid-Welpen nachgewiesen. Bis zum Winter 2016/2017 kamen zwei der Welpen ums Leben: einer starb bei einem Autounfall, der zweite wurde von einem Jäger erlegt. Das Tschechische Umweltministerium beauftragte örtliche Jäger mit der Tötung des dritten Wolf-Hund-Hybriden. Allerdings gibt es bisher keine offizielle Bestätigung, dass das Tier getötet wurde.

Sind Wolf-Hund-Hybriden wie Wölfe streng geschützt?

Wolf-Hund-Hybriden in den ersten vier Generationen unterliegen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 338/97 der Kommission des Rates zum Schutz und Erhaltung wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels dem gleichen Schutzstatus wie Wölfe. Dies ist aus Artenschutzsicht sinnvoll, da ansonsten die Gefahr bestünde, dass Wölfe als vermeintliche Hybriden geschossen werden. Der Wolf ist gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 11 a BNatSchG eine streng geschützte Art und somit auch die Hybriden einschließlich der F4 Generation.

Warum werden Wolf-Hund-Hybriden in der Regel entnommen bzw. getötet?

Aus Sicht des internationalen Artenschutzes stellt Hybridisierung zwischen Wild- und Haustieren eine Gefahr für die wildlebende Art dar. Um eine Verbreitung von Hundegenen in der Wolfspopulation zu vermeiden, werden in der Empfehlung Nr. 174 (2014) der Berner Konvention die Vertragspartner aufgefordert, eindeutig bestätigte Wolf-Hund-Hybriden unter staatlicher Kontrolle aus der Natur zu entnehmen. Die zuständigen Behörden müssen für diesen Fall eine naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilen.
Die Entnahme kann entweder das Fangen und die Unterbringung in einem Gehege oder die Tötung des Hybriden bedeuten. Die vom Bundesamt für Naturschutz geschaffene Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) empfiehlt die letale Entnahme. Mehr Infos dazu hier.

Warum werden keine Alternativen zur Tötung der Hybriden erwogen?

In der Regel wird es nicht gelingen, alle Hybridwelpen eines Wurfes lebend einzufangen. Je älter die Tiere werden, desto größer wird die Gefahr, dass sie abwandern und dann nicht mehr kontrolliert entnommen werden können. Zudem zeigen Erfahrungen aus der Vergangenheit, dass das Halten von wildgeborenen Hybriden unter Menschen für die Tiere sehr viel Stress bedeutet (s. oben). In Sachsen scheidet daher die dauerhafte Unterbringung eines in freier Natur geborenen und aufgewachsenen Wolfes oder Wolf-Hund Hybriden in einem Gehege als Alternative aus.
Auch die Idee der Kastration bzw. Sterilisation der Hybriden und anschließende Wiederfreilassung wird abgelehnt. Diese Option würde zwar die Ausbreitung der Haustiergene in der Wildpopulation verhindern, jedoch ist zu befürchten, dass sich dadurch die Akzeptanz in der Bevölkerung gegenüber den freilebenden Wölfen verschlechtern würde. Auch wegen der eher zu erwartenden Konflikte mit Hybriden wird diese Option i.d.R. nicht in Erwägung gezogen. (Quelle, Nachdruck mit Genehmigung. Kursivdruck von der Redaktion Wolf Magazin)

Siehe auch diesen Beitrag: Wolf, Wolfshund, Hund

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