Shira – nie zu alt für neue Tricks

5. August 2018

Tricks

Shira im Garten (Foto: Elli Radinger)

Irgendwann ist da plötzlich dieses Geräusch. Es klingt vertraut und dennoch fremd. Ist das etwa Shira? Irritiert stehe ich vom Schreibtisch auf und gehe in die Küche. Von hier aus geht es direkt in den Garten. Ich habe eine Insektentür, die Shira ohne Probleme aufstoßen kann. Aber wenn sie draußen ist, kommt sie nur rein, wenn ich die Tür von innen öffne. Und tatsächlich, da steht sie … und bellt. Meine alte Dame spricht!

13 Jahre lang habe ich versucht, ihr beizubringen, zu bellen, wenn sie ins Haus will. All die Jahre stand sie nur stumm draußen und versuchte, telepathisch die Tür dazu zu bewegen, sich von selbst zu öffnen – oder mich von irgendwo her zu holen, um ihr zu helfen. Dabei hat sie das Kommando „Speak“ früh gelernt. Damit punktet sie als Hauptattraktion auf Kindergeburtstagen. Ich stelle mich vor sie, hebe den Zeigefinger und sage „Speak“. Und schon kommt ein „Wuff“. Das klappt auf Kommando, vorausgesetzt ich habe ein Leckerli in der Hand. Und so hatte ich ihr beizubringen versucht, zu bellen, wenn sie aus dem Garten rein will und die Tür zu ist. Das funktionierte auch, wenn ich auf der anderen Seite stand und ihr das Kommando gab. Niemals von alleine.

Plötzlich hat sie nun herausgefunden, dass ein Bellen auf magische Weise Türen öffnen kann – sowohl bei mir, wenn ich im Haus bin und sie will rein, als auch an der Gartentür zu unseren Nachbarn, wenn die draußen gerade etwas Leckeres grillen. Es funktioniert! Ein Bellen und wir eilen herbei, um die Wünsche von Madame zu erfüllen. Fehlt nur noch, dass wir eine Verbeugung machen, während wir die Tür aufreißen. „Bitte sehr, gnädige Frau, zu Ihren Diensten.“

Heute sind wir beide im Garten, als Shira zur Küchentür geht und die Tür anbellt. Warum macht sie das jetzt? „Hallo Shira, hier bin ich doch.“

Ein Blick zu mir, die ich mit dem Notebook im Gartenhäuschen sitze, und dann zur Küchentür. „Wuff!“ Alles klar, wieder eine neue Nummer. Ich springe geflissentlich auf und öffne ihr die Fliegentür. Befriedigt marschiert mein Golden Girl ins Haus und legt sich ins Kühle.

Jeder Hundetrainer wird jetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Ja, ja, ich weiß, mein Hund hat mich konditioniert; dabei sollte es anders herum sein. Aber mir ist das egal. Bei meiner alten Hündin pfeife ich inzwischen mit einem schadenfrohen Grinsen auf Ratschläge, was man „darf“ oder „nicht darf“. Wir sind gemeinsam alt geworden und wissen, was wir brauchen. Es ist Zeit, Regeln in den Wind zu schicken und zu tun, was wir wollen. Das ist die Weisheit des Alters.
Ich freue mich, dass Shira auf ihre alten Tage noch gelernt hat, wie man Frauchen erzieht. Man ist eben nie zu alt für neue Tricks.

Mehr zum Thema in meinem Buch „Die Weisheit alter Hunde“, das im Herbst 2018 erscheint.

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