Buchtipp: Stress lass nach

12. Juli 2023

Stress lass nach
Ein Handbuch für entspannte Hunde und ihre Menschen
Sabine Zemla
Kynos
350 Seiten
ISBN‎ 978-3954642960
38,00 €

Zum Buch

Das sagt die Redaktion

Ich hatte mich für das Buch interessiert, weil ich mir davon Hilfe für meine traumatisierte, rumänische Tierschutzhündin erwartete. Nach einem langen gemeinsamen Leben mit einer entspannten Labradorhündin war die kleine Hope bei mir eingezogen und zu einer echten Herausforderung geworden.
Um es vorweg zu sagen: Hope ist immer noch eine Herausforderung, aber ich kann jetzt sehr viel besser mit ihr umgehen und bin deutlich entspannter, nicht zuletzt auch Dank der vielen Informationen und Ratschläge von Sabine Zemla.

Der Umgang mit unseren Vierbeinern hat sich seit meinem ersten Hund vor über fünfzig Jahren drastisch verändert. Heute gleichen die Beschäftigungsmöglickeiten für Hunde dem Trainingsplan eines Teenagers. Aber beim Leben mit Hunden geht es nicht allein um Zeitvertreib und Auslastung sondern in erster Linie um gemeinsam verbrachte Zeit, um Vertrauen und Bindung.
In „Stress lass nach“ spricht die Autorin vieles an, was den meisten Hundehaltern wohl nicht bewusst ist und über das viele Ersthundebesitzer vielleicht noch nicht einmal nachgedacht haben. So mag es beispielsweise gut gemeint sein, einen Hund spontan streicheln zu wollen oder sogar auf den Arm zu nehmen. Dass das dem Tier zuwider ist, ist nur schwer vorstellbar. Für meine Hündin war es anfangs der blanke Horror, wenn ein Tier oder ein Mensch ihre Individualinstanz unterschritt. Immer wieder habe ich ihren lauten Protest versucht, zu erklären oder um Abstand gebeten, meist vergeblich. Hunde, die nicht „funktionieren“ haben keinen Platz in unserer Gesellschaft, ebensowenig wie Besitzerinnen, die sie nicht „beherrschen“.

Warum schaffen sich manche Menschen überhaupt einen Hund an? Es geht um den eigenen Spaß, die Langeweile im Home-Office, die Profilierung als „Gutmensch“ (ich habe einen Tierschutzhund gerettet). Es geht um uns, nicht um das Lebewesen. Was Hunde wirklich wollen und brauchen, fragen die wenigsten, die sich einen Vierbeiner ins Haus holen.
Hunde müssen durch uns in ihrem Leben so viel erdulden. Was muten wir ihnen zu? Sie sollen überall mit uns hinkommen, im Café brav neben dem Tisch liegen bleiben und sogar andere Hunde gut finden. All dies ist besonders für einen Tierschutzhund eine echte Zumutung.

„Stress lass nach“ ist ein großer Segen. Äußerst umfangreich und wissenschaftlich fundiert, gibt es auch einen neuen empathischen Einblick in die Seele unserer Fellnasen und regt an, die Perspektive zu wechseln.
Mein Rat: Versuchen Sie nicht, es in einem Rutsch durchzulesen, sondern wählen Sie die Kapitel aus, die Sie am meisten interessieren, um dann später tiefer einzusteigen. Diese Lektüre wird sie während der nächsten Jahre noch länger beschäftigen, und Sie werden immer wieder Neues entdecken und neue Anregungen bekommen, ihren Hund glücklich zu machen.

Ich möchte hier nur ein paar Punkte hervorheben, die mich beeindruckt haben:
Als frustrierend (aber dringend nötig und nur allzu wahr) empfand ich die Kritik der Autorin an den heutigen Erziehungsmethoden und Hundeschulen. Ich hatte den Eindruck, dass kein Hundetrainer oder Hundebesitzer wirklich noch seinen Hund versteht.
In Kapitel 5 (Anti-Stress-Training, Achtsames Führen“) werden diverse viel gepriesene moderne Trainingsmethoden zur Leinenführigkeit verurteil – vollkommen zu Recht.
Spannend war für mich auch das 3. Kapitel „Ernährung“ und wie sie das Verhalten der Hunde beeinflusst, mit erstaunlichen Erkenntnissen, die gängige Thesen widerlegen. So zeigen lt. Zemla neue Studien, dass Hunde, die kohlenhydratarm oder ganz ohne Kohlenhydrate ernährt werden, also nur Fleisch und Gemüse bekommen, wesentlich schneller gestresst, erschöpft und frustriert sind (S. 106).
Da die Autorin Hundephysiotherapeutin ist, hat sie auch zahlreiche Ratschläge zu Körperübungen mit dem Hund parat.

„Stress lass nach“ ist ein berührendes Plädoyer für den Hund. Das 7. Kapitel „Und jetzt sind Sie an der Reihe“ fasst auf liebevolle Weise zusammen, was Hunde für uns sind oder sein sollten und wie wir mit ihnen eine echte, liebevolle Bindung eingehen können.
Wenn Sie nach der Lektüre dieses Buches ihren Hund immer noch nicht wirklich verstanden haben, dann haben Sie – mit Verlaub – dieses großartige Geschöpft nicht verdient.

Zugegeben, der Preis von 38 Euro mag für manche heftig sein, aber das Buch ist jeden einzelnen Cent wert. Selten bekommt man so viele aktuelle Informationen wissenschaftlich, klug und vor allem empathisch aufbereitet.

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